30 Tage, 15 Kleidungsstücke, 7 Erkenntnisse

17 Mai 30 Tage, 15 Kleidungsstücke, 7 Erkenntnisse

Leandra Medine würde in ihrer imaginären Idealwelt nur 15 Kleidungsstücke besitzen. Ha!

Das habe ich gerade eben gelesen. Zwei Wochen und drei Tage, nachdem ich mein 15/30 Projekt abgeschlossen habe und tatsächlich 30 Tage in dieser Idealwelt eines meiner Stilvorbilder gelebt habe.

Aber waren diese 30 Tage nun so ideal, wie Leandra es sich wünschen würde? Oder war es eine Tortur, die ich nur durch pflichtbewusste Überstunden meiner Waschmaschine realisieren konnte? Haben meinen Kolleginnen im professionell modischen Umfeld gemerkt, dass mein Kleidungsportfolio drastisch reduziert wurde? Fragen, die mir zu Beginn des Projekts in Dauerschleife durch den Kopf schwirrten, auf die ich heute eindeutige Antworten habe.

Eine Befürchtung hat sich aber tatsächlich bewahrheitet: ein Münchner April ist nicht der beste Monat, um so ein Projekt zu starten. Denn der macht wirklich was er will… Und weil Ostern dieses Jahr mal wieder versucht hat, seinem großen Bruder Weihnachten wettertechnisch den Rang abzulaufen, hat Petrus mein Projekt nach zwei Wochen Sonnenschein auf eine 10/30 Unternehmung schrumpfen lassen. Bei Eis und Schnee sind T-Shirts und Röckchen leider nicht die idealen Begleiter… Toll. Geschafft habe ich es trotzdem und bin obendrauf auch noch um ein paar Erkenntnisse reicher:

  1. Auf Mama hören lohnt sich – ein Leomantel ist Gold wert.


    Die ersten 14 Teile, mit denen ich den Monat verbringen wollte, waren schnell gefunden, Nummer 15 war noch offen. Und ich unentschlossen. Sollte ich sicherheitshalber wirklich den dicken Kunstfell-Leomantel mit rein nehmen, oder mir lieber eine fancy Bluse gönnen, mit der ich meine auf Basics basierende Auswahl zwischendrin ein bisschen aufpeppen könnte? Ich wusste es nicht und die strahlende Märzsonne lächelte mir teufelchen-like durch die Balkontür über die linke Schulter. Also tat ich, was ich in Ratlosigkeit gerne tue: ich griff zum Hörer und fragte Mutti.
    Mit der gleichen Sicherheit, mit der sie mir vor Jahren erklärte, dass hautfarbene Nylonstrumpfhosen niemals zu schwarzen Röcken oder offenen Schuhen getragen werden dürfen, sagte sie: „Kind, nimm den Mantel, so ein Münchner April kann kalt werden!“
    Wie recht sie behalten sollte… Nach Tagen voller Eis und Schnee muss ich zugeben: Mama hatte Recht. Und Leomäntel sind mindestens so fancy und wandelbar wie gold-lila Jacquardblusen.

  2. Farbe bekennen – Rot macht munter


    Meine Liebe zu Rot entdeckte ich vor ein paar Jahren, als ich nach der Firmenwiesn auf Grund einer abhanden gekommenen Handtasche auf dem Sofa einer Kollegin übernachten musste. Da man am Day After unmöglich im Dirndl ins Büro kann, lieh sie mir morgens eine ihrer Blusen und die war: knallrot. Obwohl ich aus Sorge um meine Tasche und all mein Hab und Gut in der Nacht kaum ein Auge zu tat und Bier in Maßen bekanntermaßen auch nicht förderlich für einen jugendlichen Teint ist, bekam ich am nächsten Tag in der Arbeit so viele Komplimente wie nie. Rot schien meine Farbe zu sein. Die Bluse durfte ich dann gleich behalten, und auch meine Liebe zur Farbe der Liebe blieb hängen. Es war also völlig klar, dass ich unmöglich 30 Tage ohne einen entsprechenden Farbtupfer durchhalten würde.
    Zu Recht. Denn manche der folgenden Bilder markieren tatsächlich meine müdesten Tage, aber ich bilde mir ein, dass das Rot das sehr gut versteckt…

  3.  Aufbrezeln für Anlässe – ein Strickkleid für alle Fälle

    In einem Zeitraum von 30 Tagen kann es durchaus sein, dass man zu dem ein oder anderen Anlass geladen ist. In meinem Fall sind in diesen April unter anderem eine Vernissage und eine Hochzeit gefallen. Veranstaltungen, zu denen ich mich schon ganz gern ein wenig aufbrezel. Für mein neues roséfarbenes Lurexstrickkleid hieß das: Time to shine! Durch die neutrale Farbe und den schlichten Schnitt war es zum einen so wandelbar, dass wiederholtes Anziehen nicht aufgefallen ist und dank Lurex so pflegeleicht, dass es weder knitterte noch fleckenanfällig war. Stehbuffets, Sektempfänge, Kirchenbänke und Dancefloors here I come!

    Ach ja, und nachdem ich mich in diesem Kleid so wohl fühlte und so viele Komplimente bekam, wagte ich mich an einen Look, den ich bisher scheute, wie der Teufel das Weihwasser: Rock über Hose. Hat schon irgendwie funktioniert, aber so ganz überzeugt bin ich doch noch nicht. Das wäre der Anführer der Hitlist von unten, Platz zwei…

  4. Fleischfarben, kniebedeckt und faltig – biedere Basics als Geheimwaffe


    Klingt sexy? Eher nicht… Obwohl sexy eindeutig nicht meine Motivation bei der Outfitwahl ist, sind bieder, spießig oder langweilig mit Sicherheit auch keine Attribute, mit denen ich meinen Stil assoziiert sehen möchte. Über die letzten Jahre hat sich überraschender Weise aber genauso ein Teil zu meiner Geheimwaffe gemausert. Ein, wie gewitzte Moderedakteurinnen schreiben würden, nudefarbener Plisseerock in Midilänge. Der kann wirklich alles. Jeans, Streifen, Sneakers, Heels, Boots, Loafers, Metallic, Knallfarben… Der Kombinationswut sind keine Grenzen gesetzt. Meine verlässliche Stütze in den letzten dreißig Tagen.

  5. Irgendwas ist immer the New Black – wenn nichts mehr geht, geht Denim


    Lang lebe das 90er Revival! Jeans von Kopf bis Fuß war lange Zeit verpönt, aber seit ein paar Jahren feiert der robuste Goldgräber Stoff ein endloses Comeback. Von hell bis dunkel, makellos bis distroyed – alles geht und darf auch noch wild miteinander kombiniert werden. Klar also, dass gleich ein paar dieser eierlegenden Wollmilchsäue Teil meines Capsule Kleiderschranks sein mussten und auch noch untereinander gekreuzt wurden.
    Wenn also ein Tag kam, an dem ich wirklich nicht wusste, was ich tragen soll und es zu kalt war für Nr. 4, war eine Kombi mein verlässlicher Retter: Irgendwas mit Jeans+Streifen. Geht immer. Voilà:

  6. Niemals Oben Ohne – Scarfs (und Mützen!) Are a Girls Best Friend


    Das ist wohl ein Überbleibsel aus meinen Hongkong Jahren, wo man mit jedem Übertreten einer Türschwelle von über 30 Grad auf 16 Grad runter gekühlt wird… Um das ohne Dauererkältung durchzuhalten, sind Schals unabdingbar.
    Und ich bin auch in einem deutschen April heilfroh, dass solche Halsschmeichler als Accessoires durchgehen! So konnte ich nach Lust und Laune kombinieren, Outfits wärmer oder bunter gestalten und habe es geschafft, mich sicher durch die Wochen zu navigieren, in denen die Temperaturen auch im zweiten Quartal noch um den Gefrierpunkt herumtänzelten… An solchen Tagen habe ich sogar noch eins oben drauf gesetzt und Outfits mit meiner Lieblingsmütze getoppt! Ein Hoch auf kleine Helfer 🙂

Jetzt sind sie aber rum, die 30 Tage und mein Kleiderschrank steht mir wieder uneingeschränkt zur Verfügung. Ist es denn nun aufgefallen, dass ich mich stückzahlmäßig so einschränkte? Nein. Im Gegenteil. Es fiel auf, dass es nicht auffiel. Wiederholt wurde im Büro gerätselt, ob denn das Projekt jetzt noch laufe oder bereits abgeschlossen sei, man stelle so rein gar keine Wiederholung oder Einseitigkeit fest… 15 Teile reichen also auch in Modefirmen, um sich einen ganzen Monat unterschiedlich zu kleiden.

Könnte meine Waschmaschine sprechen, würde vermutlich auch sie sich nicht beschweren. OK, einmal musste ich eine nicht volle Ladung waschen, um über die Runden zu kommen. Aber ansonsten war mein Waschaufwand unverändert.

Eine Sache würde ich dennoch anders machen. Bei einem Kleidungsstück, dass ich aus Vernunft mit aufgenommen habe, musste ich erkennen, das bin ich nicht. Ein weißes T-Shirt. Man sagt ihm nach es sei super kombinierbar, immer angezogen, nicht so anspruchsvoll wie Blusen und würde jedem stehen. Einspruch. Einmal habe ich es versucht und somit den Look für Platz Eins der Hitliste von unten kreiert. Weiße T-Shirts sind nix für mich und hier ist der Beweis:

Würde ich das Experiment noch mal machen? Jeder Zeit! Dann mit mehr Rot als weiß, ganz viel Denim und den unbezahlbaren Ratschlägen von Mama. Spätestens zum Sommerurlaub wird es wohl so weit sein, denn eine These hat sich im Lauf des Aprils eindeutig bewahrheitet: „2 Wochen Urlaub gehen easy mit Handgepäckt“!

Q.E.D.

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