21 Apr Upcycling mit Charme – Kurzzug Gründer Jörg über Accessoires mit Münchner Geschichte
Seit 2013 arbeitet das Designlabel „Kurzzug“ daran aus gebrauchten Münchner U-Bahn Sitzen Taschen und Accessoires mit Geschichte herzustellen. Nach der erfolgreichen Crowdfunding Kampange vor einem Jahr ging es für die Gründer Jörg Schleburg und Wolfgang Bischoff richtig los. Wir wollten mal hören was da passiert ist und haben uns mit Jörg getroffen.
SlowDownGuide: „Hallo Jörg, du bist Geschäftsführer und Marketingmanager bei Kurzzug. Ihr habt vor ca. einem Jahr die Kurzzug Crowdfunding Kampagne erfolgreich abgeschlossen. Wie ging es danach weiter?“
Jörg: „Wir konnten in Produktion gehen. Das war ein tolles Gefühl, denn die intensive Zeit während der Kampagne hat sich gelohnt. Wir waren Tag und Nacht aktiv und haben bis zur letzten Sekunde neben Pressemeldungen und Interviews die Social Media Kanäle bespielt. So wurden sehr viele Menschen auf uns aufmerksam und wir erreichten unser Funding-Ziel von 30.000 Euro. Mit dieser Summe fiel der Startschuss für die Fertigung der Kurzzug Taschen und Accessoires in Italien. Unsere Funding-Unterstützer haben innerhalb der ersten Monate ihr versprochenes Dankeschön erhalten und wir konnten den Verkauf im Onlineshop starten.“
SlowDownGuide: „Wie seid ihr auf die Idee gekommen aus U-Bahn Sitzen Taschen zu machen?“
Jörg: „Ich bin U-Bahn gefahren. Dabei sind mir zwei Freunde aufgefallen, die sich nach langer Zeit wiedergetroffen hatten. Sie haben ihr Wiedersehen gefeiert. Und ich dachte darüber nach wie viele solcher Geschichten in den letzten 45 Jahren hier passiert sind. Im Jahre 1972 kam die U-Bahn für die Olympiade nach München. Da ist unglaublich viel Zeit vergangen und viel passiert. Und ich dachte, aus den U-Bahn Sitzen muss man doch etwas machen können. Das Material eignet sich hervorragend für Taschen und kleine Accessoires. Und so hat sich dann die Kurzzug Idee geformt. Individuelle Stücke mit Münchner Geschichte – Unikate mit Seriennummer, die Verbundenheit und Nachhaltigkeit verkörpern. Nach ersten Recherchen haben wir dann auch einen Ansprechpartner bei den Münchner Stadtwerken gefunden. Das Material der Münchner U-Bahn Sitze wurde bis dahin weggeschmissen – heute werden daraus Kurzzug Taschen hergestellt. Das ist wirkliche Nachhaltigkeit.“
Kurzzug Wochenender
SlowDownGuide: „Was macht Kurzzug aus? Wie ist das Gefühl mit einer Kurzzugtasche durch München zu laufen?“
Jörg: „Kurzzug steht für Qualität und zeitloses Design. Wir produzieren in Italien und das unterscheidet uns auch von anderen Herstellern. Wir wollten kein Spaßprodukt herstellen, sondern ein Produkt mit Gefühl und Verbundenheit. Deshalb ist es für mich auch ein großartiges Gefühl wenn ich mit meiner Kurzzug Tasche U-Bahn fahre. Man merkt wie die Leute beobachten und überlegen. Das Material wirkt nach dem Verarbeitungsprozess zwar etwas anders, trotzdem können manche die Verbindung zwischen Tasche und Sitz herstellen. Ich wurde auch schon auf meine Kurzzug Tasche angesprochen. Das ist etwas Besonderes. Vor allem wenn man merkt aus der kleinen Idee wird langsam eine Marke.“
SlowDownGuide: „Jörg du sagst die Kurzzug Produkte werden in Italien gefertigt. Wie seid ihr darauf gekommen dort zu fertigen und was ist bei der Produktion in Italien so besonders?“
Jörg: „Leider gab es in und um München keine Taschenproduktion die unsere gewünschte Qualität zum fairen Preis liefern konnte. Für uns war es keine Option die Qualität in den Hintergrund zu stellen. So sind wir auf Italien gekommen. Italien steht für ansprechendes Design und gute Qualität. Diese Verbindung hat uns gefallen. Das Design der Kurzzug Produkte kommt dabei von uns selbst. Die Produktion in Italien fertig in Handarbeit. Dabei ist es uns sehr wichtig, dass die kleinen Details wie Nähte und Knöpfe stimmen.“
Kurzzug – Produktion einer Leder Vintage Tasche von Kurzzug GmbH auf Vimeo.
SlowDownGuide: „Nach den ersten Eindrücken bekomme ich direkt Lust mir selbst so ein tolles Münchner Einzelstück zu kaufen. Wo gibt es die Kurzzug Taschen und Accessoires?“
Jörg: „Wir verkaufen unsere Produkte hauptsächlich in unserem Online-Shop unter www.kurzzug.de. Es gib aber auch einen Händler in München „Ralf´s Fine Garments“ in der Fraunhoferstraße 29, wo du unsere Kurzzug Produkte findest. Zudem gibt es in Hamburg einen weitern Händler der ebenfalls unsere Kurzzug Accessoires anbietet. Wir sind aktuell noch dabei unser Vertriebsnetz weiter auszubauen. Vor kurzem waren wir das erste mal auf einer Messe – der Heritage München. Das war eine super Veranstaltung für uns – tolles Publikum, tolle Produkte und wir konnten unseren engen Kontakt mit unseren Kunden auf diesem Wege weiter ausbauen. Das ist uns sehr wichtig.“
SlowDownGuide: „Alle Kurzzug Produkte sind klassisches Upcycling und damit sehr nachhaltig. Was macht die Nachhaltigkeit bei Kurzzug aus?“
Jörg: „Nachhaltig bedeutet für uns, wir produzieren ein Produkt, welches im nächsten Jahr nicht direkt weggeschmissen wird. Ein Produkt recycelt aus alten U-Bahn Sitzen. Wir produzieren in Italien und nicht irgendwo anders auf der Welt. Die Menschen die unsere Kurzzug Produkte in Handarbeit herstellen werden fair und ordentlich bezahlt. Diese Gedanken waren für uns schon immer selbstverständlich. Nachhaltigkeit ist für Kurzzug ganz normal – wie der Münchner sagen würde: das gehört zum g’sunden Menschenverstand.“
SlowDownGuide: „Wie unterscheidet sich Kurzzug von anderen Upcycling Unternehmen?“
Jörg: „Andere Unternehmen waren für uns gute Vorreiter. Wer weiß ob mir die Idee gekommen wäre wenn es nicht bereits erfolgreiche und bekannte Upcycling Unternehmen geben würde. Das besondere an Kurzzug aber ist, dass wir ein Produkt haben, welches eine wirkliche Identifikation zur Stadt schafft. 45 Jahre Münchner Geschichte haben dieses Material geprägt – viel mehr München geht nicht. Als echtes Münchner Kindl bin ich stolz auf unser einzigartiges Produkt. Trägst du eine Kurzzug Tasche, trägst du deine Münchner Stadtverbundenheit mit dir – ein tolles Produkt für die Identifikation mit der eigenen Stadt.“
SlowDownGuide: „Nachhaltig, schick und ein echtes Münchner Original. Was macht dir besonders Spaß an deinem Job, Jörg?“
Jörg: „Das Feedback unserer Kunden. Wir verkaufen nicht nur einfache Produkte sondern wecken Emotionen. Wenn wir unsere Produkte präsentieren stellen wir oft die Fragen nach der Bekanntheit des Materials. Viele wissen nicht auf Anhieb um welches Material es sich bei unseren Taschen handelt. Wenn wir ihnen dann erzählen das die Taschen aus alten Münchner U-Bahn sitzen sind ist die Begeisterung groß. Oft kommen sogar Kindheitserinnerungen hoch. Besonders berührt mich die Geschichte von unserer ersten Bestellung. Sie wurde mit einer Schreibmaschine verfasst und kam per Post zu uns. Von einem Kunden der bei der Eröffnungsfeier der Münchner U-Bahn im Jahre 1972 dabei war. Er war so begeistert von unseren Produkten und hat uns Briefmarken und Postkarten von der damaligen Eröffnungsfeier mitgeschickt. Er hatte damals sogar ein Gedicht über die U-Bahn für die Stadt geschrieben. Das war ein tolles Gefühl.“
SlowDownGuide: „Ich gehe davon aus du hast deine Kurzzugtasche immer dabei. Wo ist dein Lieblingsplatz in München?“
Jörg: „Eigentlich gefällt es mir in den kleinen Seitenstraßen und Hinterhöfen am Besten. Als echter Münchner gehe ich auch gerne auf den Elisabethmarkt. Jedes Stadtviertel hat seinen eigenen Charme. Ich entdecke auch gerne neue Orte in München.“
SlowDownGuide: „Mit Blick auf die neue U-Bahn, die nicht vor allzu langer Zeit in aller Munde war. Wie sehen eure Ideen für die Zukunft aus?“
Jörg: „Das Material für die Kurzzug Produkte ist endlich. Man weiß heute nicht genau wie lange die alte U-Bahn noch fahren wird. Trotzdem haben wir viele Ideen und einige davon sind schon in konkreter Planung. Ihr dürft euch auf eine professionelle Fototasche freuen. Das Design dafür entsteht in Zusammenarbeit mit Michael von Hassel, einem angesehenen Fotokünstler. In dieser Tasche wird eure Spiegelreflexkamera inklusive Zubehör ihren Platz finden. Für die Damenwelt soll es schon in diesem Jahr eine original Kurzzug Handtasche geben. Mit viel Designraffinesse und Platz.“
Kurzzug Geldtasche
SlowDownGuide: „Was wünscht du dir für deine Zukunft und die Zukunft von Kurzzug?“
Jörg: „Ich wünsche mir einen kleinen Showroom für Kurzzug. Dort könnten wir unsere Produkte vorstellen und unseren Kunden das Design und die Qualität näher bringen. Man könnte dort auch das alte U-Bahn Material sehen und fühlen. So lässt sich eine Verbindung zu Kurzzug herstellen. Ja das wäre etwas, was ich mir wünschen würde. Kurzzug ist mein Herzensprojekt und ich wünsche mir natürlich auch, das unsere Produkte weiterhin so gut ankommen wie heute.“
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